Skill and Scale Up: Nachhaltigkeitsmanagement

Ein Ziel vor Augen: Nachhaltige Batteriezellen für eine grüne Zukunft

Ein wettbewerbsfähiger Markt erfordert heutzutage nicht nur unternehmerisches Handeln, das sich an Innovationspotenzialen und Bedürfnissen des Kunden orientiert, sondern auch klare Ziele, die über den reinen wirtschaftlichen Erfolg hinausgehen. Das Nachhaltigkeitsmanagement stellt sich diesen Verantwortungen und integriert sozial- und umweltverträgliche Zielsetzungen in die Unternehmensstrategie. Im dreizehnten Blogbeitrag von »skill & scale up« betrachten wir die Batteriezellproduktion mit der Brille eines Nachhaltigkeitsmanagers: Wo liegen die Schwachstellen? Welche Lösungen bietet die Batterieforschung? Und warum sind Batteriezellen so wichtig für eine umweltfreundlichere Zukunft?

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Um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, gibt es zwei wesentliche Handlungsfelder: Die Elektrifizierung des Verkehrs und der Ausbau der erneuerbaren Energien. Batterien stellen für beide Bereiche eine Schlüsseltechnologie dar, da sie die mobile Energie für Elektromotoren bereitstellen und die zeitlich variable Energie, die von Windkraft- und Solaranlagen produziert wird, speichern können. Diese Schlüsselkomponente birgt jedoch auch ökologische Herausforderungen. Zum einen durch die Materialien, deren Abbau teilweise Umweltschäden verursacht. Zum anderen durch den hohen Energieverbrauch bei der Zellproduktion. Ziel des Nachhaltigkeitsmanagements der Fraunhofer FFB ist es, durch unsere Forschung das Produkt ›Batterie‹, ihren Herstellungsprozess sowie die Produktionsumgebung emissionsärmer und umweltverträglicher zu gestalten. Dazu werden alle Schritte der Batteriewertschöpfungskette sowie im Herstellungsprozess unter Berücksichtigung der Verantwortungsbereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – die geläufige englische Bezeichnung lautet Environmental Social Governance, kurz ESG – bewertet. Der Artikel führt zwei zentrale Themen des Nachhaltigkeitsmanagements aus: Batteriematerialien und die neue EU-Batterieverordnung.

Batteriematerialien – ein Umweltrisiko?

In der Wertschöpfungskette von Lithium-Ionen-Batteriezellen (LIB) werden sowohl kritische Rohstoffe wie Lithium und Kobalt als auch Rohstoffe mit hoher Verfügbarkeit wie Eisen oder Kohlenstoff (Graphit) benötigt. Kritische Rohstoffe werden nicht nur deshalb als ›kritisch‹ bezeichnet, weil sie selten sind und daher schneller zur Neige gehen, sondern auch, weil ihre Gewinnung aus anderen Gründen unter ESG-Gesichtspunkten kritisch zu betrachten ist. Im Folgenden wird dargestellt, welche Punkte je nach Rohstoff besonders relevant sind.

Ein Bild, das ein Periodensystem zeigt
© Fraunhofer FFB
Man unterscheidet die Batteriematerialien hinsichtlich ihrer Verfügbarkeit in kritische und reichlich vorhandene Rohstoffe.
© Fraunhofer FFB

Lithium

Lithium ist in reiner Form ein weiches, silberweißes Leichtmetall und bei Raumtemperatur das leichteste aller festen chemischen Elemente. Unter den Alkalimetallen hat Lithium neben dem höchsten Schmelz- und Siedepunkt auch die höchste spezifische Wärmekapazität. Es geht mit vielen Elementen Verbindungen ein und ist zudem, wie alle Alkalimetalle, sehr reaktionsfreudig. Für Batterien ist metallisches Lithium besonders interessant, da es durch sein sehr niedriges Elektrodenpotential (-3,04 V gegenüber SHE) hohe Zellspannungen und durch sein geringes Gewicht eine sehr hohe spezifische Kapazität (3,86 Ah/kg) ermöglicht.Mit der steigenden Nachfrage nach LIBs in den letzten Jahren ist auch der Bedarf an Lithium gestiegen. Von den jährlich geförderten 130 Kilotonnen des Alkalimetalls werden 67 Prozent für die Batterieproduktion benötigt. Mit der steigenden Nachfrage nach LIBs in den letzten Jahren ist auch der Bedarf an Lithium gestiegen. Von den jährlich geförderten 130 Kilotonnen des Alkalimetalls werden 67 Prozent für die Batterieproduktion benötigt.

Die größten Lithiumvorkommen befinden sich im so genannten Lithiumdreieck zwischen Bolivien, Argentinien und Chile in Südamerika. Dort wird Lithiumcarbonat aus Salzwasserseen gewonnen (z.B. in Argentinien oder am Atacama-Salzsee in Chile). Dabei kommen vor allem zwei Verfahren zum Einsatz: Entweder wird lithiumhaltiges Salzwasser in angelegten Becken verdampft und das Lithium im gewonnenen Konzentrat unter Zugabe von Chemikalien als Carbonat gefällt, oder es wird, in wenigen Fällen, durch eine Aufbereitungsanlage gepumpt, die das Lithium extrahiert. Bei der Verdunstung entsteht neben dem gewonnen Lithium auch Wasser, das weder als Trinkwasser noch in der Landwirtschaft verwendet werden kann. Außerdem fließt auf natürlichem Wege frisches Süßwasser in die Salinen, wodurch der umliegenden Landschaft Wasser entzogen wird. Die Folge ist Desertifikation in Regionen, die ohnehin schon von Wasserknappheit geprägt sind. Zudem besteht ein erhöhtes Gesundheitsrisiko für die Arbeiter in den Lithiumsalinen und für die Bevölkerung im Trinkwasser, da Lithium in hohen Dosen giftig ist.

In Festgestein kommt Lithium vor allem in Australien in Verbindung mit taubem Gestein vor, das zur Anreicherung des Lithiumgehalts abgetrennt werden müssen. Bei diesem mehrstufigen Prozess fallen drei Faktoren negativ ins Gewicht: Zum einen entsteht bei der Abtrennung viel Abfall, zum anderen werden für den Hochtemperaturprozess große Mengen fossiler Brennstoffe benötigt. Für den letzten Prozessschritt, die Anreicherung und Neutralisation, werden große Mengen an Chemikalien benötigt. In Australien wurden im Jahr 2020 rund 39.700 Tonnen in Minen gefördert, was knapp der Hälfte der jährlichen Minenförderung entspricht.

Kobalt

Reines Kobalt ist ein silbergraues, glänzendes Metall, das sich durch Härte, Zähigkeit und Festigkeit auszeichnet. Aufgrund seiner besonderen Eigenschaften wird es in vielen Bereichen eingesetzt. So zum Beispiel als Bestandteil von Kathodenrohstoffen – zwischen 2013 und 2018 stieg die Nachfrage nach Kobalt um rund 16 Prozent pro Jahr. Kobalt wird hauptsächlich als Nebenprodukt der Nickel- und Kupferproduktion gewonnen.

Die Länder mit den größten Kobaltvorkommen sind Kanada, Marokko, die USA und Russland sowie die Demokratische Republik Kongo. Dort wurden im Jahr 2020 mit knapp 76.000 Tonnen fast zwei Drittel der gesamten bergmännischen Kobaltproduktion gewonnen. Der Abbau erfolgt in Teilen unter kritischen und teilweise gefährlichen Arbeitsbedingungen in kleinen Bergwerken (Handabbau in ca. 15 Prozent der Minen). Neben der hohen körperlichen Belastung durch giftige Chemikalien kommt es dort vermehrt zu Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit und unfairer Entlohnung.

© Fraunhofer FFB
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Nickel

Das Basismetall Nickel ist magnetisch, verformbar und dehnbar und wird traditionell zur Herstellung von rostfreiem Stahl und Legierungen verwendet. In Batterien wird es als Kathodenmaterial eingesetzt. Hauptförderland ist Indonesien, gefolgt von den Philippinen, Russland, Neukaledonien, Kanada, Australien und China.

Nickel wird auf verschiedenen Wegen gewonnen, vor allem aber im Bergbau. Da das Metall in höheren Konzentrationen giftig ist, sind besondere Sicherheitsvorkehrungen erforderlich. Diese werden jedoch nicht immer eingehalten, was z.B. zu Verunreinigungen des Trinkwassers führt. Zur Verarbeitung von Nickel und Kobalt sind aufeinanderfolgende Separations-, Schmelz-, Röstungs- und Verschlackungsschritte notwendig. Dabei werden bei schwefelhaltigen Erzen neben CO2-Emissionen auch große Mengen an SO2 freigesetzt.

Mangan

Mangan ist ein grau-weißes, hartes und sehr sprödes Übergangsmetall, das zu fast 90 Prozent in der Stahlindustrie eingesetzt wird. Aber auch in der Elektromobilität gewinnt es als Kathodenmaterial zunehmend an Bedeutung – derzeit werden nur 0,2 Prozent des weltweit geförderten Mangans für die Herstellung von LIBs verwendet.  Es wird vor allem im Tagebau oder Untertagebau in Gabun, Südafrika, Australien und China abgebaut. Das Hauptproblem des Tagebaus ist die Zerstörung der Landschaft, außerdem benötigt die chemische Aufbereitung von Mangan viel Energie und Chemikalien, insbesondere Säure zur Bildung löslicher Mangansalze. Manganverbindungen gelten als hochgiftig für die Umwelt. Da die Abfälle oft nicht fachgerecht entsorgt werden, entstehen hohe Belastungen für Flora und Fauna.

© Fraunhofer FFB
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Graphit

Als allotrope Form des Kohlenstoffs wird Graphit sowohl als bergmännisch gewonnenes Graphiterz als auch synthetisch aus kohlenstoffhaltigen Rohstoffen hergestellt. Traditionell wird es in der Gießerei- und Stahlindustrie verwendet, spielt aber aufgrund der steigenden Nachfrage nach LIBs eine zunehmend wichtige Rolle in der Batterieproduktion. Die größten Graphitvorkommen befinden sich in China, wo Graphit im Tagebau gewonnen wird.

Graphit ist ein leichtes Material. Dadurch sind die Bergleute sowohl im Tagebau als auch im Untertagebau gesundheitlichen Belastungen durch Feinstaub ausgesetzt. Beim Herauslösen des Graphits aus dem Gestein entstehen saure Abfälle, die in der Vergangenheit in die Umwelt gelangten. Da China mehr als 90 Prozent des weltweiten Graphitmarktes kontrolliert und den Export der Ressource beschränkt, um die heimische Wirtschaft zu schützen, versuchen westliche Länder, eigene Graphitminen zu errichten, um unabhängig zu werden. Synthetischer Graphit aus grünen Kohlenstoffquellen wird als Alternative erforscht – bisher ist natürlicher Graphit aufgrund seines geringeren CO2-Fußabdrucks deutlich umweltfreundlicher.

Die EU-Batterieverordnung und der Battery-Passport

Neben dem intrinsischen Bestreben eines Unternehmens, umweltfreundlicher zu werden, geben politische Regelungen die Richtung für das Nachhaltigkeitsmanagement vor. So gibt es sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene immer mehr Richtlinien und Gesetze, die zu nachhaltigem Handeln verpflichten. Beispielsweise müssen Unternehmen, die mehr als 500 Mitarbeitende beschäftigen und an der Börse notiert sind, Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Auch in der Batterieindustrie gibt es Vorschriften, die ESG-Ziele in der Unternehmensstrategie verankern.

Um den Binnenmarkt zu stärken und die Kreislaufwirtschaft für Batterien zu fördern, hat die Europäische Kommission eine Batterieverordnung erlassen, die im August 2023 in Kraft getreten ist. Sie ersetzt die bisherige Batterierichtlinie, die keine Regelungen zu Leistung, Lebensdauer, Emissionen oder Herkunft von Batteriezellen enthielt. Die neue Verordnung ist ein Eckpfeiler des europäischen »Green Deal«, dessen Ziel es ist, Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen.

Die Verordnung legt Mindestgehalte für recycelte Materialien in Batterien fest, die über die Jahre steigen, um das Batterierecycling und die Kreislaufwirtschaft in Europa zu fördern. Darüber hinaus wurde eine Sorgfaltspflichtregelung eingeführt, um die Rückverfolgbarkeit der Liefer- und Wertschöpfungsketten zu verbessern. Mindestanforderungen an Leistung und Haltbarkeit sollen die Qualität und damit den Lebenszyklus verbessern.

Der Battery Passport gilt als Kernelement der EU-Batterieverordnung. Er soll eine lückenlose Dokumentation des Batterielebenszyklus von der Produktion über die Nutzung bis zum Recycling ermöglichen. Damit wird ein Rahmen für Benchmarking und Mindeststandards geschaffen. Im Batteriepass werden grundlegende Informationen, teilweise technische Daten, festgehalten. Wesentlich sind Daten zur Nachhaltigkeit und Verantwortung in der Lieferkette, wie z.B. Treibhausgasemissionen, Arbeitsbedingungen bei der Rohstoffgewinnung [1], Batteriezustandsbestimmung, Reparatur und Recyclingfähigkeit. Diese Informationen werden digital standardisiert und können dann über eine Infrastruktur abgerufen und aktualisiert werden. Ziel ist es, den Batteriepass Anfang 2027 verpflichtend einzuführen.

[1] Dies gilt jedoch nur bedingt: Die Unternehmen in der Lieferkette müssen eine due diligence policy nachweisen, sowie Planungen, wie sie sozialen und ökologische Risiken in der Lieferkette erkennen und beheben wollen.

Beispiele und Angebote zum Nachhaltigkeitsmanagement an der Fraunhofer FFB

Unsere Vision

Batterien für eine defossilisierte, mobile Gesellschaft

Klimastadt Münster

Teilnahme an der Klimastadt-Woche

Wir kooperieren mit der Stadt Münster und unseren Partnern vor Ort, um lokale Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

 

Pressemitteilung / 28.9.2023

Studienveröffentlichung in der Fachzeitschrift »Nature Energy«

Neue Studie analysiert den Energieverbrauch von Gigafactories.

 

Unsere Kompetenz

Stoffkreisläufe und Nachhaltigkeit

Wir erforschen Innovationen, die zu einer nachhaltigeren Batteriezellproduktion führen – Von der Wertschöpfungskette, über die Herstellung bis hin zur Zellchemie.