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Wie die Trockenbeschichtung die Batteriezellproduktion verändert

Als ein Schritt des Trockenprozessieren ist Trockenbeschichtung oder auch »Dry Coating« in der Batteriezellproduktion ein innovativer Prozess, um die traditionelle Elektrodenherstellung zu revolutionieren. Dieser Ansatz befasst sich mit der Frage, wie die trockenen Ausgangsmaterialien ohne den Einsatz von Lösungsmitteln effizient, ressourcenschonend und nachhaltig zu Batterieelektroden verarbeitet werden können. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Batterien für Elektrofahrzeuge und Energiespeichersysteme, rücken die Fragestellungen nach effizienteren und umweltfreundlicheren Produktionsmethoden zunehmend in den Fokus der Hersteller.

Slurry-basiertes Elektrodenbeschichtungsverfahren

Die traditionelle Batterieherstellung verwendet für die Herstellung der Batterieelektroden standardmäßig ein »slurry-basiertes« Verfahren, in welchem das Aktivmaterial, die Bindemittel und die Leitadditive in einem Lösungsmittel zu einer Suspension, d.h. zu einer Paste, verarbeitet werden. Anschließend wird das Slurry auf eine dünne Metallfolie, typischerweise eine Kupfer- oder Aluminiumfolie, aufgetragen. Im nachfolgenden Trocknungsschritt wird das eingesetzte Lösungsmittel nach der Beschichtung verdampft und zurückgewonnen. 

Der Einsatz von Lösungsmitteln und dem daraus resultierenden Trocknungsschritt in der Elektrodenfertigung hat für die Batteriezellproduktion allerdings einige Nachteile. Beispielsweise entstehen durch die Trocknungs- und Lösemittelrückgewinnungsanlagen hohe Investitionskosten und ein entsprechend hoher Platzbedarf ist notwendig. Wird die Batterie in Ländern hergestellt, welche tendenziell höhere Kosten für Strom und Gas veranschlagen, wie es zum Beispiel in Europa der Fall ist, kommen für die Produzenten hohe Energiekosten für die Trocknung und Rückgewinnung des Lösemittels erschwerend hinzu. Des Weiteren stellt die Verwendung von toxischen Lösungsmitteln (NMP) in der Kathodenproduktion eine potenzielle Gefahr für Mensch und Umwelt dar. 

Alternativer Produktionsansatz: Trockenbeschichtung (DRY coating)

Um die Produktionskosten zu senken und eine nachhaltige Produktion von Batteriezellen zu ermöglichen, arbeiten Forschende an alternativen Elektrodenfertigungsverfahren, wie zum Beispiel dem Trockenprozessieren (DRY processing). Im Gegensatz zur konventionellen Elektrodenfertigung werden im ersten Arbeitsschritt die Ausgangsmaterialien ohne Lösungsmittel, trocken vermischt (DRY mixing). Im zweiten Arbeitsschritt wird die trockene Vormischung mit Hilfe von speziellen Bindern zu der Elektrode verpresst und auf die Stromableiterfolie aufgebracht. Durch die weitgehende Eliminierung von Lösungsmitteln in der Batteriezellproduktion entfällt der energieintensive Trocknungsschritt.

© Fraunhofer IWS, DRYtraec®
DRYtraec®-Prozessschema: Die Scherkraft im Kalanderspalt führt zur Filmbildung auf der schneller drehenden Walze. Von dort wird der Film auf das Zielsubstrat übertragen.

Aktivitäten zur Implementierung der Trockenbeschichtungsanlage

Die Fraunhofer FFB verfolgt das Ziel den innovativen Lösungsansatz zusammen mit Partnern aus Industrie und Forschung weiterzuentwickeln und in eine industrierelevante Produktionsumgebung zu überführen. Ein vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS entwickeltes und lizensiertes Direktwalzverfahren, bekannt als DRYtraec®, erweist sich dabei als Glücksfall für die Fraunhofer FFB. Zum einen konnte das Team vom Fraunhofer IWS rund um Dr. Benjamin Schumm die technologische Prozessreife auf 5-6 voranbringen. Zum anderen erleichtert die Fraunhofer-interne Entwicklung eine gemeinsame Kooperation zwischen der Fraunhofer FFB und dem Fraunhofer IWS, um zusammen das Potential von DRYtraec® weiterzuentwickeln.  Zusätzlich ermöglichte DRYtraec® es den Forschenden vom Fraunhofer IWS bereits Erfolge bei der Verarbeitung von sulfidischen Festelektrolyten für die Herstellung von Festkörperbatterien zu feiern.

© Fraunhofer IWS, DRYtraec®
Prozessschema zur simultanen, beidseitigen Beschichtung von Batterieelektroden mit DRYtraec®.

Im Rahmen des Projekts »Forschungsfertigung Batteriezelle TP3« arbeiten die Fraunhofer FFB und das Fraunhofer IWS daran, die Überführung von DRYtraec® in eine höhere Prozessreife (TRL > 7) zu ermöglichen. Durch die Weiterentwicklung und Optimierung von DRYtraec® zielt das Forschungsprojekt darauf ab, die Trockenbeschichtung als führende Methode in der Batteriezellproduktion zu etablieren, indem sie eine nachhaltige, effiziente und qualitativ hochwertige Produktion ermöglicht.

Zur Erreichung dieser Ziele wird in 2024 (erstmalig) eine Trockenbeschichtungsanlage auf Pilotanlagenmaßstab beauftragt, welche innerhalb der zweiten Jahreshälfte von 2025 in die »FFB PreFab« eingebracht werden soll. Mit dieser Anlage werden in Zukunft übergeordnete Ziele, wie zum Beispiel die Etablierung höhere Prozessgeschwindigkeiten von mindestens 20 m/min bei einer Beschichtungsbreite von 400mm ermöglicht. Zusätzlich wird die Etablierung einer geeigneten InLine-Sensorik die Forschenden dabei unterstützen, den Beschichtungsprozess besser zu überwachen und zu kontrollieren. 

© Fraunhofer IWS, DRYtraec®
So sehen die mit der neuen Trockentransfertechnologie DRYtraec® beschichteten Elektroden aus. Mit dem Verfahren lassen sich Batterieelektroden ohne giftige Lösungsmittel im Pilotmaßstab herstellen.

Weitere Prozessverkettung und Etablierung von Analytik an der FFB

Bevor das Material auf einer Trockenbeschichtungsanlage zu Elektroden verarbeitet werden kann, benötigt es den vorgelagerten Produktionsschritt des Trockenmischens (DRY mixing). Das Weglassen von Lösungsmitteln sorgt während dem Mischen dafür, dass sich die Verarbeitung der Ausgangsmaterialien und die Anforderungen an die Anlagentechnik verändern. Deshalb wird bereits in 2024 ein Teil der bestehenden Anlagentechnik des Mischens an der Fraunhofer FFB umgerüstet. Dies ermöglicht eine breitere Prozessführung und minimiert den Materialabrieb von Anlagenteilen. Erste Produktionsversuche zum Trockenmischen starten in der zweiten Jahreshälfte von 2024. Parallel dazu erfolgt der Aufbau einer detaillierten Analytik in der FFB »PreFab«, um die Qualitätsanforderungen von trockenen Vormischungen zu überprüfen und die beiden Prozessschritte DRY mixing und coating besser miteinander abzustimmen.

Zukünftig sollen damit Lösungen entlang der gesamten Prozesskette für das Trockenprozessieren erarbeitet werden. Angefangen beim Trockenmischen, dem Dosieren der trockenen Pulvermischungen auf den Kalander, der Prozessverkettung, der Analytik oder einer umfassenderen Übersicht der Gesamt-Lebenszyklus Analyse.

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