Blogartikel

Erste Prototypenzellen erfolgreich geladen

Die Formierung der ersten prismatischen FFB -Prototypenzellen ist erfolgreich verlaufen. Ein Forschungsverbund im Teilprojekt 2 des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten »FoFeBat«-Projekts hat im vergangenen Jahr eine neuartige Musterzelle entwickelt und gebaut. Im April 2024 wurden diese im Battery-Abuse Center (BAC) des PEM-Lehrstuhls der RWTH Aachen erstmals befüllt und formiert – damit ist der Bau der ersten prismatischen Zellen abgeschlossen.

Das Interesse an prismatischen Zellen ist insbesondere in der Automobilbranche groß: zum einen, weil sie sich im Cell-to-Pack Verfahren trotz des schweren Metallgehäuses besser integrieren lassen als Pouch-Zellen. Dadurch entfallen schwere Stütz- und Sicherheitsstrukturen im Battery-Pack. In Summe können dann Packs, die mit prismatischen Zellen gebaut sind, leichter sein als Packs mit Pouch-Zellen. Zum anderen sind sie gerade wegen dieses Gehäuses sicherer und die Wärme in der Zelle verteilt sich gleichmäßiger.

Die Innovation des prismatischen FFB-Zelldesign liegt vor allem in der Form der Elektroden: Statt Elektrodenwickel wurden in der Prismatischen Zelle Elektrodenstapel verwendet. Vorteile sind neben der besseren Wärmeverteilung, ein geringerer Widerstand in der Zelle, eine homogene Druckverteilung sowie ein geringeres Verformungsrisiko. 

Prismatischer Prototypensprint: Die Produktionprozesskette der ersten FFB-Prototypenzellen

Nach der theoretischen Konzeption der Elektroden- und Zelldesigns ist die Entwicklung der prismatischen FFB-Prototypenzellen in der ersten Hälfte dieses Jahres einen weiteren, großen Schritt vorangekommen. Die Produktion der Zellen kann als ein gemeinsamer Erfolg des deutschen Batterieforschungsökosystems verbucht werden, denn die Prozesskette lässt sich im Falle des »Prismatischer Prototypensprint«, wie die Zellfertigung innerhalb des Projekts getauft wurde, als eine Reise quer durch Deutschland abbilden. Diese führte über sechs Stationen:

© Fraunhofer IGCV
Zellgehäuse gefertigt mittels SLM (Selective Laser Melting) am Fraunhofer IGCV

Erste Station: Fertigung der Becher und Deckelbaugruppe

Am Fraunhofer IGCV in Augsburg wurden die Deckelbaugruppen und die Becher gefertigt. Die Becher wurden erstmals durch selektives Laser-Strahlschmelzen (SLM) produziert – ein 3D-Druckverfahren, bei dem das physische Objekt durch das Schmelzen eines metallischen Pulvers mittels Laser hergestellt wird. Aufgrund der Flexibilität eignet sich das Verfahren besonders gut für den Bau von Prototypen. Nach dem Druck wurden die Bauteile nachbearbeitet, um die Maß- und Formgenauigkeit zu garantieren.

Die Deckelbaugruppe besteht aus einem Basisblech, zwei Busbars, einer Isolierungsschiene und zwei Terminals, die in der finalen Batteriezelle den Kontakt zwischen Stromquelle/-senke und Elektroden bilden (siehe Abbildung). Damit die Zelle dicht ist, wurden die Terminals nach außen hin durch ein Harzbett fixiert und elektrisch isoliert. Das Einfüllloch für den Elektrolyten im Basisblech wurde wegen der Anforderungen der Befüllanlage mittig positioniert.

© Fraunhofer IGCV
© Fraunhofer IGCV
© Fraunhofer IGCV

Zweite Station: Herstellung des Elektrodenmaterials

An zwei unterschiedlichen Orten in Deutschland wurde das Elektrodenmaterial hergestellt: Während die Kathodencoils bei UniverCell in Flintbek (Schleswig-Holstein) beauftragt wurden, wurden die Anodencoils in Münster produziert.

Da die Kathodenmaterialien sehr empfindlich und teilweise toxisch sind, benötigt ihre Verarbeitung eine besondere Produktionsumgebung. Diese wird es in der »FFB PreFab« geben, konnte aber zu dem Zeitpunkt der Produktion noch nicht bereitgestellt werden. Deshalb wurde ihre Herstellung beim Zellhersteller UniverCell in Auftrag gegeben. Ende 2024 kann die Produktion aber auch eigenständig in der »FFB PreFab« durchgeführt werden.

Die Anodenfolien wurden wiederum im »FFB Workspace« beschichtet und getrocknet, danach wurden sie im MEET-Batterieforschungszentrum kalandriert und auf ihre Qualität geprüft.

© Fraunhofer FFB
Anodenfolie kurz nach der Trocknung im »FFB Workspace«.
© Fraunhofer FFB
Stapelvorrichtung aus Kunststoff auf der ein Elektrodenstapel fixiert ist.

Dritte Station: Stapeln der Elektrodenfolien

Ein Teil der Assemblierung der Zellen erfolgte händisch: Am Fraunhofer IGCV wurden die Elektrodensheets zunächst mithilfe von Bandstahlschnittmatrize mechanisch vereinzelt. Dann stapelte ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fraunhofer FFB diese per Hand in einer dafür angefertigten Stapelvorrichtung. Anschließend wurden die Elektrodenstapel nochmals heiß gepresst und durch Tapes fixiert (siehe Abbildung 4). Die hydraulische Heißpresse verpresst den Zellstapel mit einem Druck von 150 kN, was dazu führt, dass die Beschichtung von Separator und Elektrode miteinander laminiert werden. Der laminierte Zellstapel wird mit einer zusätzlichen Separatorschicht aus Kunststoff umwickelt und mit Klebeband fixiert, um die Elektroden vor Verunreinigungen schützen.

Vierte Station: Kontaktierung der Terminals mit den Elektrodenfolien

Im Rahmen des Zellentwicklung wurde ein innovatives Kontaktierungskonzept erarbeitet, welches eine platzsparende und hochleistungsfähige Anbindung der Elektroden an die Deckelbaugruppe ermöglicht. Über das Ultraschallschweißen wurden die realen Elektrodenstapel mit den Busbars der Deckelbaugruppe zusammengeschweißt am Institut für Schweiß- und Fügetechnik ISF in Aachen (siehe Abbildung 5). In diesem Zuge wurden ebenfalls neue Konturen von den Ultraschallschweißwerkzeugen (Sonotrode und Amboss) erprobt.

© Fraunhofer FFB
Die Kathodenfahnen werden per Ultraschall an die Busbars geschweißt.

Fünfte Station: Zellmontage und Verschweißen

Nach der Kontaktierung trafen Zellstapel und Gehäuse am Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften IWB der TU München für die Zellmontage das erste Mal aufeinander. Der Zusammenbau verdeutlichte nocheinmal, dass jeder Millimeter in der Positionierung von Zellstapel und Busbar zählt. Die Einzelteile fügten sich zu einer Zelle zusammen, die sich nach dem Verschweißen durch einen Laser als ausreichend dicht und fest erwies.

Das Finale in Aachen: Elektrolytbefüllung und Formierung

Die verschweißten Prototypenzellen reisten weiter zum PEM-Lehrstuhl der RWTH Aachen, wo sie in einer Vakuumkammer mit Elektrolyt befüllt wurden. Für die Befüllung der Zellen wurde ein speziell angefertigter Warenträger entwickelt. Die Befüllung erfolgte, angepasst an das Zelldesign und Anlagentechnik, in drei Schritten. Hierdurch wurde dem Elektrolyten zudem genügend Zeit zum vollständigen Benetzen der Elektroden gegeben - das sogenannte Wetting der Zelle.

© Fraunhofer FFB
Das Bild zeigt alle Materialien und Gerätschaften, die zur Elektrolytbefüllung benötigt werden.
© Fraunhofer FFB
Die Formierung erfolgte in einem Sicherungskasten.

Der letzte Prozessschritt fand im Battery Abuse Center des PEM in Aachen statt. Die erste Formierung der Zellen erfolgt hierbei in einem Warenträger mit Live-Entgasung. Da die Optimierung von Fertigungszeiten kein Untersuchungsgegenstand des Musterbaus war, wurden die Musterzellen mit niedrigen Strömen und C-Raten be- und entladen, wobei die Zelltemperatur zusätzlich von einer Wärmebildkamera und Sensoren zur Temperaturmessung überwacht wurde. Durch die initiale Formierung der Musterzellen bilden sich die Grenzflächen auf den Aktivmaterialpartikeln aus (Solid-Electrolyte-Interface - SEI), um so die Elektroden zu passivieren und damit zu stabilisieren. Die erreichten Kapazitäten der Zellen innerhalb der Zyklen, stimmten mit den aufgestellten Berechnungsmodellen überein. Zum Abschluss des Projekts erfolgt die weitere Charakterisierung der Zellen, um die genaue Leistungsfähigkeit der Zellen zu ermitteln.

Nach der Fertigstellung folgt die Charakterisierung

Der Aufbau der ersten prismatischen FFB-Zellen war erfolgreich. Das innovative Zelldesign und die zugehörigen Fertigungsschritte konnten innerhalb der Prozesskette bewertet werden. In der nächsten Phase des Musterbaus wird die Verbindung des Elektrodenstapels sowie das Design der Deckelbaugruppe weiter optimiert. Dazu werden zusätzliche Musterzellen in größeren Mengen getestet, um die Fertigung im großen Maßstab sicherzustellen.

Beteiligt am Prototypenbau waren Forschende des MEET-Batterieforschungszentrums der Universität Münster, des Instituts für Schweiß und Fügetechnik ISF sowie des PEM Lehrstuhls Engineering of E-Mobility Components der RWTH Aachen, des Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswirtschaften IWB der TU München und das Fraunhofer IGCV. Wir danken für die gute Zusammenarbeit.

Letzte Änderung: